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Einmal im Jahr, so ist es Mode geworden in Stadt und Land, ist Klubnacht. Es kostet 10 Euro und in 10 und mehr Kneipen und Gaststätten, spielt Lifemusik.
Einmal im Jahr bleibt der Fernseher aus rafft der Zeitgenosse sich auf, geht auf kulturelle Entdeckung. Einmal im Jahr Erinnerung an etwas, was ins normale Leben gehört und dort schon lange fehlt zur seelischen Gesundheit von uns armen Knöpfedrückern.
In meinem angeblich vom Geist Horvaths, Münters und Kandinskis erfüllten Heimatort, war dazu nicht nur akustisch Gelegenheit, sonder auch optisch und haptisch: es war „Kunstnacht“. Schon Tage vorher - Murnau i s t fast eine einzige Einkaufspassage - wurden die Schaufenster der Geschäfte zu Foto- oder Gemälde-Flächen. Auch in den Parks erschienen in räumlicher Meditation entstandene Objekte, die nicht nur sind, als was sie optisch erscheinen sondern, wie die Bilder in den Schaufenstern, unsichtbar beseelt.
In einer Kneipe im Zentrum, in der sonst freie Stunden und Feierabende in ganzjähriger Wirtshaus-Gelassenheit zugebracht werden, dort hatte ein Duo Aufnahme gefunden: zwei Gitarren mit Gesang im Zacherl: Ro Clausman und Groover. Und Mundanomaniac samt Esel, Gast und Frau saßen seitlich in der „ersten Reihe“.
Ausgemacht waren als "Spielregel" Beginn 20 Uhr. vier Sets und drei Pausen oder drei Sets und zwei Pausen.
Das Duo wählte das erstere. Und spätestens zum dritten Viertel war wohl dem letzten klar, um was es sich an dem Abend handeln würde:
In meinen Worten: unsichtbare Negerkirche mit Exstase, Tanz und Gesang.
In der Pause zum zweiten Viertel, als sich der vorwiegend stehende Teil der Gäste zum nächsten Spielort aufmachte, blieb schon mal ein ansehnlicher Kreis von entschiedenen Gästen dieser Musik sitzen, ab dem dritten Drittel war kaum noch ein Durchkommen.
Ro Clausmann, dessen Auftritt Groover, am eigenen Heimatort begleitete, reproduziert fremdes Material, vorwiegend Country, normalerweise würde man das nennen: er covert. Er singt einige zwei Dutzend von den schönsten Oldies der 50ger bis 90ger.
Soweit so banal. Dieser Mensch aber, der da singt, ist, darauf ist man nicht gefasst, ein (un)heimlicher Gospel–Sänger, innerlich vom Geist ergriffen … laut und leise… in Ballade und wildem Rock, man begreift, was damit gemeint war, als Millionen ab 1957 entdeckten: dieser arme weiße Lastwagenfahrer aus Tupelo, was der da erzählt, singt und heult, aufgenommen in Memphis, das ist Musik der Schwarzen … einfach, ergreifend und zum Mitsingen in der Gemeinde:
As the snow flies
On a cold and gray chicago mornin
A poor little baby child is born
In the ghetto
And his mama cries
Cause if there's one thing that she don't need
Its another hungry mouth to feed
In the ghetto
People, don't you understand
The child needs a helping hand
Or hell grow to be an angry young man some day
Take a look at you and me,
Are we too blind to see,
Do we simply turn our heads
And look the other way …
Wie ich das erlebe in diese Stunden, was da aus diesem Menschen, der sich Ro nennt, singt, und wie, ich empfinde es wie schwarze Predigt, wie Gospel in der Gemeinde:
Ergreifend und ergriffen, dennoch europäisch diszipliniert, hingegebenes , bewegtes Mitsingen zeugend wie zum Beispiel auch bei diesem:
Aus dem Südschwarzwald ist er dieser prayer, ein echter ganz leicht zerzauster dunkelblonder Vogel, dabei in Demut diszipliniert, sanft verrückt wie ein früher Christ, bescheiden freundlich wie ein alter Chinese.
Und auf der Gitarre gibt Ro derart Zunder dass die Füße von Beginn an leise vor sich hintoben .
Und Mundanomaniac, staunend, fragt ihn in der ersten Pause ob er „heute Geburtstag“ habe. Ro: „Nein, hatte am Samstag“.
Also vor drei Tagen, dachte sich Mundanomaniac, da muss er einfach ein paar Grad nach seiner Sonne einen Mars oder was stehen haben, den heute die Sonne besucht, seine sowieso fetzige Rhythmus- und Sologitarre und dann dieser Zunder heute Abend … heute hat Mundanomaniac nachgeschaut:
Der Gitarrist und Sänger Ro Clausmann (Ausschnitt)* 29.9.1957
Dreimal Feuer, dreimal Lust: am Stürmen, am Spielen und an der Offenbarung.
Und dazu der Abend: Sonne 9,9° Waage
Im zweiten Set, gleich am Anfang, singt er von einem Mann der auf dem Fussel- Baum sitzt und den es juckt …
A well I bless my soul
What's wrong with me?
I'm itching like a man on a fuzzy tree
My friends say I'm actin wild as a bug
I'm in love
I'm all shook up
Mm mm oh, oh, yeah, yeah! …
What's wrong with me?
I'm itching like a man on a fuzzy tree
My friends say I'm actin wild as a bug
I'm in love
I'm all shook up
Mm mm oh, oh, yeah, yeah! …
Und dabei tanzt die Gitarre wie eine bekiffte Grille die aber, äußerlich völlig elegant unglaublich gekonnt und trocken auf und nieder springt und Mundanomaniacs Esel hält es nicht, er schlüpft durch die Sitzreihen auf die Tanzfläche und muss den Hüpf- und Stampftanz mit-tanzen, … ein alter Esel auf dem Dorfplatz – das wurde später anders, es wurde leidenschaftlich und eng auf der Tanzfläche … leidenschaftlich aber nicht zwischen den Geschlechtern sondern von der Ergriffenheit vom ... Gospel … der Freude:
Der andere Gitarrist, Groover, hat sich seit einigen Monaten an die reizvolle und anspruchsvolle Aufgabe gemacht, in der dichten Musik von Ro Clausman Räume für die rhythmische Begleitung und Lichtungen für Solopassagen zu finden, um sie mit der eigenen Kunst zu füllen. Ro läßt in seinem dynamischen Rhythmusspiel für eine zweite Rhythmusgitarre kaum Platz und ebenso ist er mit eigenen Soli gut eingedeckt. Er deckt selber alles ab … es sei denn, und siehe, er geht immer wieder dazu über, seinem Partner bewusst Raum einzuräumen zum grooven und ziselieren , der er doch selber Groover und Ziselierer ist …
Was sie sich tun?
Hier ein Ausschnitt zu Groover * 18.7. 1958
Ist es nicht klar? Hier spielen Tag = Löwenaszendent und Nacht = Krebssonne miteinander und nachdem es so ist, dass der Tag die Nacht frisst und die Nacht den Tag, so ist es eigentlich ein Unding, dass sie zusammen spielen. Jeder nimmt dem anderen den Raum …und dennoch, sie tun es, sie haben das Paradox angenommen und führen es durch. Was dazu führt, dass für „das ganze Dorf“, mithin auch die Ohren von MM, Esel und Freunden, einmalige Musik herauskommt. Wenn Groover nämlich Raum in den Hintergründen gefunden hat, dann ist da eine hintergründige Stimmung, dann ist es da wie Waldesrauschen zu den Schritten des Wanderers, Wind und Brandung zum Rudern des Fischers, Bachmurmeln zur Klage, tanzende Füße zur Freude …, quellende Labe … unsichtbar treibende Seelen-Fahnen im Wind …
I close my eyes
Only for a moment and the moment's gone
All my dreams
Pass before my eyes with curiosity
Dust in the wind
All they are is dust in the wind
Same old song
Just a drop of water in an endless sea
All we do
Crumbles to the ground, though we refuse to see
(Aa aa aa)
Dust in the wind
All we are is dust in the wind
Oh, ho, ho
Now don't hang on
Nothin' last forever but the earth and sky
It slips away
And all your money won't another minute buy
Dust in the wind
All we are is dust in the wind
(All we are is dust in the wind)
Dust in the wind
(Everything is dust in the wind)
Everything is dust in the wind
(In the wind)
Only for a moment and the moment's gone
All my dreams
Pass before my eyes with curiosity
Dust in the wind
All they are is dust in the wind
Same old song
Just a drop of water in an endless sea
All we do
Crumbles to the ground, though we refuse to see
(Aa aa aa)
Dust in the wind
All we are is dust in the wind
Oh, ho, ho
Now don't hang on
Nothin' last forever but the earth and sky
It slips away
And all your money won't another minute buy
Dust in the wind
All we are is dust in the wind
(All we are is dust in the wind)
Dust in the wind
(Everything is dust in the wind)
Everything is dust in the wind
(In the wind)
Gespeichert 4.10.2012, UTC 17:57, gepostet: UTC 18:51.
So dicht beschrieben - daß einer wähnen könnte, er/sie hätte mitgetanzt!
AntwortenLöschenInteressant - daß Du die Musiker in ihrer Gegensätzlichkeit horoskopierst!
Ja - s´geht schon immer wieder ums Raumgeben .... da passiert was drin.
Ich würde mich freuen - Dich mal als Eintänzer (Ersttänzer) erleben zu dürfen, Sati