Vor 140 Jahren * 26.7.1875 C.G.Jung
C. G. Jung, Brief an André Barbault
(Vizepräsident des „Centre International d’Astrologie“, Paris)
Die Beziehung zwischen Astrologie und Psychologie :
Es
gibt viele Beispiele von erstaunlichen Analogien zwischen
astrologischer Konstellation und psychischem Ereignis oder zwischen
Horoskop und Charakteranlage. Bis zu einem gewissen Grad besteht sogar
die Möglichkeit einer Voraussage z.B. in Bezug auf die psychische
Wirkung eines Transits…
Man
kann mit einem ziemlich hohen Wahrscheinlichkeitsgrad erwarten, daß
eine bestimmte psychische Situation von einem analogen astrologischen
Konfiguration begleitet ist. Die Astrologie besteht aus symbolischen
Konfigurationen, ebenso wie das kollektive Unbewusste, mit welchem sich
die Psychologie befasst. die Planeten sind die „Götter“, Symbole der
Mächte des Unbewussten (in erster Linie, neben anderem).
Der modus operendi der astrologischen Konstellationen::
Mir scheint, es handle sich vor allem um jenen Parallelismus oder „jene „Sympathie“, die ich Synchronizität nenne,
d.h. die akausale Übereinstimmung, welche kausal nicht erklärbare
Verbindungen kennzeichnet, wie z. B. die Präkognition, die Vorahnung,
die Psychokinese (PK) und auch das, was man als Telepathie bezeichnet.
Insofern Kausalität eine statistische Wahrheit ist, bestehen
Ausnahmen akausaler Natur, die zur Kategorie synchronistischer (nicht
„synchroner“) Ereignisse gehören. Sie haben mit der „qualitativen Zeit“
zu tun.
Meine
Einstellung zur astrologischen Annahme eines von der Geburt an
bestehenden psychischen Feldes und der psychoanalytischen Erklärung der
Neurosenätiologie durch erste Kindheitserfahrungen::
Die
spezifische (pathogene) Wirkung der ersten Lebenserfahrungen beruht
einerseits auf Umwelteinflüssen und andererseits auf der psychischen
Anlage, d.h. der Vererbung, welche sich im Horoskop anscheinend
nachweisen lässt. Es scheint, als entspräche das Horoskop einem
bestimmten Augenblick im Gespräch der Götter, das heißt der psychischen
Archetypen.
Die qualitative Zeit:
Diesen
Begriff habe ich früher angewandt, doch ersetzte ich ihn durch die Idee
der Synchronizität, einer Analogie zur Sympathie oder zur
correspondentia (die sympaJeia der Alten) oder zur prästabilierten Harmonie
von Leibnitz. Die Zeit besteht aus Nichts. Sie ist nur ein modus
cogitandi, dessen man sich bedient, um den Strom der Dinge und
Ereignisse auszudrücken und zu formulieren, so wie der Raum nichts ist
als ein Modus zur Umschreibung der Existenz eines Körpers. Geschieht
nichts in der Zeit und befindet sich kein Körper im Raum, dann bestehen
weder Zeit noch Raum. Die Zeit ist immer und ausschließlich durch
Ereignisse „qualifiziert“, wie der Raum durch die Ausdehnung der Körper.
Doch ist die „qualitative“ Zeit eine Tautologie und besagt nichts,
während Synchronizität (nicht „Synchronismus“) den Parallelismus
und die Analogie der Ereignisse ausdrückt, soweit sie nicht-kausal sind.
Die „qualitative Zeit“ ihrerseits ist eine Hypothese, die den
Parallelismus der Ereignisse in Begriffen von causa et effectus erklären
will. Insofern aber die qualitative Zeit nur ein Strom der Dinge ist
und überdies ebenso sehr „nichts“ wie der Raum, bestätigt diese
Hypothese nur die Tautologie: der Strom der Dinge und der Ereignisse ist
die Ursache des Stromes der Dinge etc.
Die
Synchronizität verneint die Kausalität als Erklärung der Analogie von
irdischen Ereignissen und Gestirnskonstellationen (mit Ausnahme der
Abweichung der Sonnenprotonen und ihres möglichen Einflusses auf
irdische Ereignisse). Sie verneint sie speziell für alle Fälle
außersinnlicher Wahrnehmungen (ASW), besonders für die Präkognition;
denn es ist unvorstellbar, daß man die Wirkung einer nicht oder noch
nicht existierenden Ursache wahrnehmen kann.
Was
man mit Hilfe der Astrologie feststellen kann, ist die Analogie der
[irdischen] Ereignisse [und der Gestirnskonstellationen], aber nicht die
Ursache oder Wirkung der einen Ereignisserie in Bezug auf die andere
(die gleiche Konstellation bedeutet z.B. bei derselben Person einmal
eine Katastrophe und ein andermal einen Schnupfen…).
Trotzdem
ist das Problem der Astrologie nicht ganz einfach. Es gibt diese
Abweichung der Sonnenprotonen bei Konjunktionen, Oppositionen und
Quadraten einerseits und bei Trigonen und Sextilen anderseits und ihren
Einfluß auf Radio und auf vieles andere. Ich bin nicht befugt, zu
beurteilen, wie viel Bedeutung dieser Möglichkeit zugemessen werden muß.
Auf
jeden Fall ist die Stellung der Astrologie unter den intuitiven
Methoden einzigartig, und es bestehen Gründe, an der Kausaltheorie
einerseits und an der ausschließlichen Synchronizitäthypothese
anderseits zu zweifeln.
Ich
habe oft beobachtet, daß eine deutlich umgrenzte psychische Phase oder
ein entsprechendes Ereignis von einem Gestirnsübergang begleitet war
(vor allem Verletzungen durch Saturn oder Uranus).
Meine hauptsächliche Kritik an den Astrologen:
Wenn
ich mich zu einem mir nur sehr oberflächlich bekannten Gebiet äußern
darf, würde ich sagen, daß der Astrologe die Indikationen nicht immer
nur als Möglichkeiten auffasst. Die Interpretation ist manchmal zu
wörtlich und zu wenig symbolisch, auch ist sie zu persönlich. Der
Zodiakus und die Planeten liefern keine persönlichen Angaben, sondern
sind unpersönliche und objektive Gegebenheiten. Auch sollten bei der
Deutung der Häuser verschiedene „Bedeutungsschichten“ berücksichtigt
werden.
Daß
die Astrologie der Psychologie viel zu bieten hat, steht fest; was aber
die letztere ihrer älteren Schwester bieten kann, ist weniger
ersichtlich. Soviel ich beurteilen kann, wäre es zum Vorteil der
Astrologie, wenn sie sich über die Existenz der Psychologie Rechenschaft
gäbe, vor allem über die Psychologie der Person und des Unbewussten.
Ich bin ziemlich sicher, daß sich manches aus ihrer Methode lernen
ließe. Es geht um die beiden Künsten gemeinsame Interpretation der
Archetypen (der Götter) und ihrer gegenseitigen Beziehungen. Vor allem
die Psychologie des Unbewussten befasst sich mit archetypischer
Symbolik.
Seit 2007 gibt es im Mundanen Tagebuch immer wieder den Bezug zu C.G.Jung. Einfach googlen:
"Mundanes Tagebuch, C.G.Jung"
Das große Alterswerk von Jung, "Mysterium Coniunctionis" ist eigentlich eine Herausforderung an jeden Astrologen. Doch in 30 Jahren Astrologie hat sich mir, außer Sasportas im Umkreis von Liz Greene, niemand Astrologisches mit diesem Eingang in die "Sprache" der Archetypen vorgestellt. Mein Mentor Döbereiner hat ihn weidlich, und in meinen Augen primitiv freudianisch, herunter gezogen, ("hat seiner Mutter einen Turm gebaut ...").
Hier spricht er für sich selbst: "Mysterium Coniunctionis II" § 205:
"Mundanes Tagebuch, C.G.Jung"
Das große Alterswerk von Jung, "Mysterium Coniunctionis" ist eigentlich eine Herausforderung an jeden Astrologen. Doch in 30 Jahren Astrologie hat sich mir, außer Sasportas im Umkreis von Liz Greene, niemand Astrologisches mit diesem Eingang in die "Sprache" der Archetypen vorgestellt. Mein Mentor Döbereiner hat ihn weidlich, und in meinen Augen primitiv freudianisch, herunter gezogen, ("hat seiner Mutter einen Turm gebaut ...").
Hier spricht er für sich selbst: "Mysterium Coniunctionis II" § 205:
"Eine bewusste Einstellung aber, die sich nicht nur eingebildeterweise, sondern in Wahrheit von ichhaften Vorteilsabsichten abgekehrt und überpersönlichen Bestimmungen unterworfen hat, kann sich rühmen, einem König zu dienen. Diese vornehmere Einstellung bedeutet auch eine Rangerhöhung der anima von der Verführerin aufwärts zur Führerin. Der Wandlung der Königssubstanz vom Löwen zum König entspricht die Wandlung des Weiblichen von der Schlange zur Königin. Die Krönung, Apotheose und Hochzeit bedeuten die auf höchter Stufe möglich gewordene Gleichsetzung von Bewusstsein und Unbewusstem, eine erlösende coincidentia oppositorum."Juli, 26.7.2015, UTC 20:39, Murnau.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen