Donnerstag, 17. März 2011

Hiob 2011

Um Mitternacht zwischen dem 31. März und dem 1. April 1927 vollzog sich zuletzt das, was in der ersten Stunde des 12. März 2011  wieder eintrat: Uranus passierte den Frühlingspunkt. Dieser Planet mit dem ominösen Namen, der altgriechisch „Himmel“ (Uranos) bedeutet und der in der Moderne das gleichnamige, strahlende Metall benennt, dessen Spaltung 1938 Otto Hahn und Fritz Strassmann unbeabsichtigt beobachteten und das jetzt zur 3000° heißen Lava am Grunde von Reaktorbehältern zu werden droht oder schon geworden ist.
Die astrologische Bedeutung des Wechsels eines Lichts (Sonne, Mond) oder eines Planeten von den Fischen über den Frühlingspunkt in den Widder kann gar nicht  überschätzt werden. Es ist der Wechsel aus der Latenz, das heißt: Verborgenheit, in die Präsenz bzw. Erscheinung. Döbereiner hat bei Widder/Mars bildwahr vom Auftauchen an die Oberfläche gesprochen.
Es geschieht nicht oft, dass ein Archetypus, dessen „Strahlkraft“ sich in seiner Namensgebung kundtut, in derart drastischer Weise aus dem Wasser der Fische auftaucht, wie jetzt auf schreckliche Weise das Uran als reales Gleichnis des Uranus.

Die Astrologische Betrachtung regte bei dieser Gelegenheit die Frage an, ob denn das letztmalige Auftauchen des Uranus im Widder sich in Erscheinungen manifestiert hat, die ebenfalls als  physisch reale Gleichnisse des Uranus angesprochen werden können.
Der Blick in die Chronik führte schnell zum Ergebnis: der Geigerzähler, auch Geiger-Müller- Zählrohr genannt, ein Gerät zur Messung, d.h. Erkennbar- Machung,  ionisierender Strahlung wurde  erfunden parallel zu jenem letztmaligen  Auftauchen des Uranus im Widder . Es sind bei einer ersten Recherche im Netz keine Laborprotokolle auffindbar gewesen, welche das genaue Datum der Erfindung belegen. „Erfindung“aber  ist immer ein Prozess und der damalige Assistent des Erfinders, Walter Müller, hat, so heißt es, dessen Erfindung 1928 wesentlich verbessert, mit anderen Worten,  das Baby zur Welt gebracht.
Das Auf und Ab der Schwangerschaft, um im Bild zu bleiben, bis zur letztgültigen Lösung des Konstruktionsproblems könnte einhergegangen sein mit der ersten Einwanderung des Uranus in Widder und seinem zeitweiligen  Rückzug aus dem Widder zurück in die Fische von Anfang November 1927 bis Mitte Januar 1928.
Der Wiedereintritt des Uranus in den Widder am 13. Januar 1928, Gleichnis des erneuten Auftauchena, dürfte die Tür geöffnet haben für jene Idee, die das Instrument endgültig perfekt gemacht hat. Es dürfte dann nur noch kurze Zeit gedauert haben, bis die beiden Physiker die Beschreibung ihrer Erfindung zu Papier gebracht haben. Jedenfalls meldet die maßgebende „Physical Review“ der American Physical Society, welche über die Experimente berichtet, dass die Anzeige durch die Verfasser am 15.Februar 1928 eingegangen sei und der Bericht erschien dann im Juni 1928.

Daher erscheint es gerechtfertigt, den 15. Februar im Horoskop darzustellen als den Moment, wo der Strahlungszähler das Licht der Öffentlichkeit erblickt hat, denn das Board der Physical Review stellt gewiss  den innersten Kreis der Öffentlichkeit dar.

15.2.1928, 
Eingang der Anzeige des Geigerzählers bei der „Physical Review“

Es mag herzlos erscheinen, angesichts der ultimativen Katastrophe in Fukushima,  66 Jahre nach Hiroshima, die einem den Atem nimmt, in der Vergangenheit von Konstellationen und ihren  Gleichnissen im Realen zu forschen.
Aber was bleibt dem Menschen, wenn nicht die Erkenntnis? Was bleibt, wenn die Metapher dieser Tage, die Apokalypse am Ende des Neuen Testaments,  uns entsetzt?
Es bleibt, den Sinn der Apokalypse zu verstehen. Der Psychologe C.G.JUNG hat festgestellt, dass der Mensch das einzige Wesen ist, das so etwas wie Sinn überhaupt erfassen kann.
Den Sinn der Apokalypse verstehen? Ich kenne einen Text, der dabei hilft. Eine kleine Schrift von 1952, die JUNG auf dem Krankenlager verfasst hat und die weit in die Vergangenheit greift und weit in die Zukunft schaut. Mit JUNGs Meisterschüler Erich Neumann bin auch ich der Meinung, dass diese Schrift die wichtigste ist, die JUNG verfasst hat.
Ich lege diese Schrift jedem, der sich dieser Tage am Rande der psychischen Verzweiflung findet, ans Herz: Macht den Rechner aus und lest: „Antwort auf Hiob“.

Ein Zitat gegen Ende des Textes:

„Der Zweck der apokalyptischen Visionen besteht ja nicht darin, den gewöhnlichen  Menschen Johannes wissen zu lassen, wie viel  Schatten er unter seiner Lichtnatur  birgt, sondern dem Seher den Blick für die Unermesslichkeit Gottes aufzutun, denn wer liebt, wird Gott erkennen, Man kann sagen, eben, weil Johannes Gott liebte und sein Möglichstes tat, auch seine Mitmenschen zu lieben, sei ihm die „Gnosis“, die Gotteserkenntnis, zugestoßen, und er hat, wie Hiob die wilde Fruchtbarkeit Jahwes geschaut, darum sein Evangelium der Liebe als einseitig erlebt und durch das der Furcht ergänzt: Gott kann geliebt und muss gefürchtet werden.
Damit weitet sich das Gesichtsfeld des Sehers weit über die erste Hälfte des christlichen Äons hinaus: er ahnt, dass nach tausend Jahren der antichristliche Zeitabschnitt beginnen wird, ein deutliches Anzeichen dafür, dass Christus nicht unbedingter Sieger ist. Johannes antizipiert (nimmt vorweg) die Alchemisten und JAKOB BÖHME; er fühlt vielleicht seine persönliche Implikation Einbeziehung) im göttlichen Drama, indem er die Möglichkeit der Gottesgeburt im Menschen, welche die Alchemisten, MEISTER ECKHART und ANGELUS SILESIUS ahnten, vorwegnahm. Er umriss damit das Programm des gesamten Fisch-Äons mit dessen dramatischer Enantiodromie (Wende in die Gegenrichtung) und dessen dunklem Ende, das wir noch nicht erlebt haben, und vor dessen wahrhaft und unübertrieben apokalyptischen Möglichkeiten die Menschheit schaudert. Die vier unheimlichen Reiter, die drohenden Posaunenstöße und die auszuschüttenden Zornschalen warten schon oder noch: die Atombombe hängt über uns wie ein Damoklesschwert, und dahinter lauern die unvergleichlich  furchtbareren Möglichkeiten des chemischen Luftkrieges, der selbst die Gräuel der Apokalypse in den Schatten stellen könnte. „Luciferi vires accendit Aquarius acres“ (Aquarius entzündet die wilden Kräfte Luzifers). Wer möchte im Ernst behaupten, dass Johannes wenigstens die Möglichkeiten, die in der Endzeit des christlichen Äons unsere Welt unmittelbar bedrohen, nicht richtig vorausgesehen habe?  Er weiß auch, dass im göttlichen Pleroma das Feuer, in welchem der Teufel gepeinigt wird, auf ewig besteht. Gott hat einen furchtbaren Doppelaspekt: ein Meer der Gnade stößt an einen glühenden Feuersee, und das Licht der Liebe überstrahlt die dunkle Glut, von der es heißt:“Ardet non lucet“ (sie brennt, aber sie leuchtet nicht). Das ist das ewige  Evangelium (im Gegensatz zum zeitlichen): man kann Gott lieben und muss ihn fürchten.

C.G.JUNG, Antwort auf Hiob, Ges. W. 11, S. 452 f.

Gespeichert: 17.3.2011, UTC 16:14, gepostet:UTC  16:46

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