Sonne wandert heute über Neptun im Wassermann, und Astrologix hat eine Sucht-Diskussion.
Neptun-Uranus, heißt es, seien die Nichtraucher, Sucht sei der (verneinte ? ) Neptun. Das Suchen und Nicht-Finden.
Dagegen ließe sich sagen: Sucht sei das Suchen und Finden.
Die Tiere z.B. - - - ausgesprochene Suchtler, in Sommer und Herbst, die gegorenen Beeren … vogelwilde Räusche.
Hundertmillionen von Jahren sind die Tiere uns als allgegenwärtige Tester in Gottes Apotheke vorausgegangen, die so manches Kräutlein kennen und so manche Pflanzenfreude.
Unsere Vorfahren, bevor sie Hirten wurden mit ihrem Sippenwahn, bevor sie Bauern wurden mit ihrem Stolz, bevor sie Bürger wurden, mit ihrer ängstlichen Verlogenheit, also, Jahrhunderttausende vorher, in den endlosen Zeiten der Stille, wo erst nur Gott sang, aus den Kehlen der Vögel, und dann auch der Mensch , zur Trommel, die die Zeiten in Wüste, Wald und Savanne schlug, die den Atem schlug von Suche und Fund, die den Tanz schlug, von Kummer und Freude und die Raserei schlug von Geburt und Wiedergeburt – immer in Versammlung mit den dankbaren Toten, in allen diesen unendlichen Tagen und Stunden hat dem Menschen keiner von Drogen und Volksgesundheit geredet, der Mensch war frei sich zu bedienen – nach Gutdünken.
In Astrologix geht die Rede über Nikotin und Kaffee, die Drogen der Nervösen - reden wir hier aber von Dionysos und denen, die der Gott gefunden hat.
Dionysos ist der Gott der diejenigen mit hellem Wahnsinn schlägt, die ihm den ihm zukommenden Dienst verweigern: den Rausch und die Hingabe an das ergriffene Schwärmen ins namenlose Gottvertrauen.
Kein Autor hat sich diesem Gott ergriffener und zugleich disziplinierter hingegeben als Georg Friedrich, der Bruder Ernst Jüngers.
„Die Sorge des Menschen, sein Mühen und Rechnen liegen in der Zeit: in seiner Angst und Furcht setzt die Zeit ihm zu, im Mangel und in der Not. An die Zeit seines Daseins ist er gebunden und kommt von ihr nicht los. Es hilft ihm nichts, daß er die eine, unendliche und unendlich teilbare äußere Zeit schärfer und schärfer vermißt; er wird abhängig von diesen Messungen, so abhängig, daß seine eigene innere Zeit von der äußeren genau und scharf vermessen wird. Keine Zeit haben, das ist die ärmlichste Form der Armut, und zugleich die unerbittlichste, sei es, daß diese Armut auf äußerem Zwang beruht oder auf innerer, gefühlter Notwendigkeit …
…
Anders ist die Muße des Dionysos …
Das Reich des Pan liegt vor aller Zeit, aber Dionysos ist die Umkehr, ist die Wende der Zeit. Deshalb ist er der Umwerfer und bringt den Menschen aus dem Stand, verkehrt und verrückt, vernichtet und zerreißt ihn. …
Weil er ein sich wandelnder, die Menschen verwandelnder Gott ist, deshalb ist Dionysos auch ein großer Zauberer … [aber] kein Magier, der durch eine von ihm angehäufte geistige Macht die Natur bändigt und vergewaltigt. Dergleichen Operationen vollführt er nicht. Er verkehrt und verwandelt den Menschen von innen her …
In der Gemeinschaft des dionysischen Festes zerbrechen die Stufungen. Der Gott ist nun in dem Schwarm und steuert ihn. Der Schwarm ist der Gott selbst. Die Frauen sind in dem Gott, wie der Gott in ihnen ist. Das ist kein Vorgang, welcher dauert. Der Gott verläßt den Schwarm wieder und zieht sich aus ihm heraus. Dann endet seine von dem Gotte gesteuerte Bewegung, und er zerfällt.“
(Friedrich Georg Jünger, Griechische Mythen, Frankfurt, 1957.)
In diesem Gott erkenne ich den Verleiher des zeitweisen Wahnsinns gesteigerter Lust bis an die Grenze von Schmerz und Bangigkeit.
Wie in allen göttlichen Gestalten ist in der Gestalt des Dionysos überlebensgroß gezeichnet, was Menschenmaß sucht.
Wir Menschenatome, was fangen wir mit diesem Gott an. Die Antwort heißt auch hier: zerbrechen wir ihn ins Einzel-Menschen-Maß trinken wir ihn, rauchen wir ihn, tanzen wir ihn, rasen wir ihm in der Vereinigung der Liebenden …
Zerbrechen wir ihn, denn er ist zerbrochen, sein Fest ist zerbrochen und zerschrotet worden vom Bürger in den Mühlen von Vernunft und Berechenbarkeit.
Und, zweimal hat im letzten Jahrhundert der „Machbarkeit des Glücks“, der vertriebene und entheiligte Rauschgott in einer entsetzlichen Wiedergeburt den entheiligten Menschen heimgesucht in den Schlachtenrasereien der ungeheuersten Blutorgie die jemals über den Planeten gerast ist.
Menschwerdung bedeutet, zu bewussten, erwachsenen Kindern werden und nicht zu kindisch unbewussten Erwachsenen.
So sicher, wie es ist, dass Menschwerdung bedeutet, für das eigene Leben, für die eigene Liebe, für das eigene einmalige Kind, das im untersten Zimmer der eigenen Person wohnt, Verantwortung zu erkennen und zu tragen, so sicher ist es notwendig, für den eigenen Rausch zu sorgen, dieses niemandem außerhalb zu überlassen und für den gemeinsamen Rausch der Liebenden, Freunde und guten Nachbarn Sorge zu tragen, „denn Dionysos“, so Hölderlin, „ ist Gemeingeist“.
Wie auch immer : „Messer, Schere, Licht“ – so auch mit dem Rausch – allein Kinder, Narren und Könige brauchen ihn nicht, denn , Kinder, Narren und Könige leben noch nicht in der Zeit.
Kommen sie aber dann in die Zeit, so brauchen auch sie ihn – den Umwerfer – Dionysos.
Gespeichert: 14.2. 2010, UTC: 15:05, gepostet: UTC: 15:14.
"Wehe der prächtigen Krone der Trunkenen!"
AntwortenLöschen[Jesaias 28,1]
Lieber Mundanomaniac,
Einen (eher nichtastrologischen) Bekannten
hatte ich mal einfach so per Link hingewiesen
auf Dein Mundanes Tagebuch.
Zu meinem Erstaunen erhielt ich darauf
eine doch längere Antwort:
>...eine in der heutigen Zeit seltene und sehr
besondere Seite... in ihrer sprachlichen Dichte,
Klarheit und Schönheit anmuten läßt an lange
vergangene Zeiten... an diese anknüpft und
somit weiterleben läßt...<
In besonderem Maße
wird dies gerade heute
bei diesem "nebligen" Thema
auch von anderen Mitlesern
erkannt und geschätzt werden!
Als "Narr"
-nur dem Tarot (22) nach,
ansonsten faschingsfrei-
grüßt herzlich
Mythopoet
PROST SCRIPTUM:
AntwortenLöschen>Nikotin und Kaffee, die Drogen der Nervösen<
Deshalb gab´s heute zum St.Valentine´s
von der Liebsten einen Ballantines...
Nunc est bibendum...
Mythopoet
Lieber Mythopoet
AntwortenLöschen"Wehe der prächtigen Krone der Trunkenen!"
[Jesaias 28,1]
... es ist nicht die prächtige Krone, die dem Trunkenen gebührt,
es ist die Krone des Narren.
Gott selber sucht ja erst sich zu begreifen, ..."complexio oppositorum" ...meint Gott im Hiob ...
des Zeugers von Küsnacht.
Diese Krone, diese gottnächste Einheit, bei der den Kabbalisten "Kether" einfiel, diese "Krone" die sich selber zweiteilt in die Zweiheit von Schoß und Wille...
für uns Bürger, Reisende auf der Arche der Jahrtausendwende bleibt, ob wir dem ungeschickten Messias, dem einfältigen Gott, der uns einwohnt, ohne dass wir's wissen, ob wir ihm trotzdem keinen Eintrag getan haben, ob wir ihm aus der Unschuld des Herzens einen Esel geliehen habe, wo Er seiner bedurfte, das allein ist die Frage.
Meinen kleinbemessenden Dank für Dein großbemessendes Zeugnis, lieber Schwabe, erbietet aus dem warmen Stall ...
in liebevollem I-ah,
Mundanomaniac