Neubearbeitung: Vor 75 Jahren "Deutsche Revolution", Teil 2.
Königskonjunktion im Erdelement von 1802 21. Septar vom 17.7.1822, gültig für 1942 - 1949 |
Bis 1942 waren die Mächte der nationalen Abschließung in der strategischen militärischen Offensive. Nach 1942 nie mehr.
Die Stellung von Mars in der Waage ist ein Hinweis, dass ab Sommer 1942 – 1949 das offensive Potential der Welt (Nordhalbugel) in den Dienst des Offenseins und der Begegnungsbereitschaft getreten ist.
Dieses Offensein und diese Bereitschaft zur Begegnung mit dem ergänzenden Anderen sind nun paradoxerweise das unbewusste Naturell des deutschen Erlösers von 1933.
20.4.1889, Braunau, 18:30 LMT, der Undenkbare: |
Aber da liegt schon gleich der ganze Hund begraben: Der Aszendent ist immer unbewusst ist Impuls, Trieb, Instinkt, kurz Habitus, der vom Bewusstsein nicht bemerkt wird.
Ein Aszendent Waage, so entwaffnend er auch persönlich begegnen mag, er hat immer ein Widder - aggressives Vorstellungsleben, er „sucht“ die Generäle.
Menschenquaternio im Stil C.G.JUNGs , in Entsprechung zur Ordnung der Zeichen des Tierkreises und der Häuser des Horoskops.
In Waage ASC haben wir die bewusstseinsferne, die unbewusste Waage, und die Venus ist dann die dem Bewusstsein fehlende Waage-Venus, sie ist dann die gierige, bauwütige Stiervenus mit dem Instinkt des Ästheten und dem Bewusstsein des hungrigen Treibers Mars im manischen Hunger nach Beute – ein Treiber, dem das Ebenmaß der Waage- Venus fehlt - die er zerhaut bei der Zerstörung von Städten auf seinen neo-nomadischen Wegen … die groteskerweise hochindustriell organisiert sind, denn Hitlers nomadischer Mars und seine industrie-reiche, panzerreiche Venus sind im selben 17. Grad Stier vereint: eine hochgefährliche Verbindung. Ernst Jünger nannte ihn in seinen Aufzeichnungen treffend den „Pulverkopf“.
In dem zwei Jahre jüngeren Schriftsteller und Aquarellisten Henry Miller 26.12.1891, Yorkville, NY haben wir exemplarisch die bewusste Waage, auf hoher Warte im 10. Haus.
Seine unbewusste frühlingsfrische Aggression im Stil des Aszendenten geht aus und mündet dort wo Mars steht: Begegnung (7. Haus) und Eindringen in das was da ist: der Schoß der Mondin - in der Vorstellung.
Nur vom Aszendenten Widder kommt die Medizin: Waagebewusstsein, Venusweg.
Henry Millers Venus väterlich gnostisch im zehnten Haus („Am Anfang war das Wort…") mit großer Auslieferung: symbolische Resonanzmedizin im siebten Haus des Widders: körperliche Freiheiten, juckende Schleimhäute, introvertierter Mars und Anima Luna, all die ungelebte wilde Liebe auf dem Planeten.
Henry Miller, Dezember 1934 im Brief an Anaïs Nin:
Heute Abend lief ich dem Mann in die Arme, der zu Halasz [Brassai] gesagt hatte, mein Buch (Wendekreis des Krebs) sei <Pornographie>- erinnern Sie sich? Jetzt war er der entgegengesetzten Ansicht und meinte, ich sei bis zum innersten Kern der Wahrheit vorgestoßen; sagte, er empfehle das Buch seinen Freunden in England und war der Meinung, es müsse sich dort gut verkaufen lassen. Sie können sich vorstellen, dass ich nicht wenig erfreut war. Nicht zuletzt, weil ich einmal mehr sehe, dass es Menschen gibt, die sich ohne Druck von außen zum richtigen Denken bekennen. Ich habe keinen Kampf auszufechten. (Miller, Briefe an Anais Nin, 1981, S. 186. 4.12.1934).Und in der Zeit, wo der Waage-Aszendent mit der Staatspeitsche von Blut und Boden phantasiert, schreibt Widder-Aszendent und Gegenmedizin Henry Miller 1934 über die Herrenrasse:
Meine Leute waren alle nordischer Abkunft, mit anderen Worten: Idioten. Allen Blödsinn, der je verkündet wurde, machten sie sich zu Eigen. Darunter die Lehre von der Sauberkeit, von der Rechtschaffenheit ganz zu schweigen. Sie waren peinlich sauber. Aber innen stanken sie. Kein einziges Mal fiel es ihnen ein, blindlings einen Sprung ins Dunkle zu tun. Nach Tisch wurden die Teller prompt abgespült, und in den Geschirrschrank gestellt; war die Zeitung gelesen, wurde sie sauber gefaltet und auf ein Regal gelegt; war die Wäsche gewaschen, wurde sie gebügelt, gefaltet und in die Schubladen verstaut. Immer dachte man an morgen, aber das Morgen kam nie. Die Gegenwart war nur eine Brücke, und auf dieser Brücke stöhnen sie noch, so wie die ganze Welt stöhnt, und keiner dieser Dummköpfe kommt darauf, die Brücke in die Luft zu sprengen…
Ich bin ganz aus dem Stoff der stolzen ruhmredigen nordischen Rasse, die nie den geringsten Abenteurergeist besessen, aber dennoch die ganze Erde durchwühlt, sie auf den Kopf gestellt und überall ihre Spuren und Ruinen hinterlassen hat. Ruhelose Geister, aber keine Abenteurer. Gequälte Geister, unfähig, in der Gegenwart zu leben. Elende Feiglinge alle, mich nicht ausgenommen. Denn es gibt nur ein großes Abenteuer, das innere Abenteuer der Suche nach unserem Selbst, und dabei spielen weder Zeit noch Raum, ja nicht einmal Taten eine Rolle.
Alle paar Jahre war ich dieser Entdeckung ganz nahe, aber – und das war für mich bezeichnend – es gelang mir immer, der Entscheidung auszuweichen. Wenn ich nach einer guten Entschuldigung suche, fällt mir nur meine Umgebung ein, die Straßen, die ich kannte, und die Menschen, die in ihnen wohnten. Ich wüsste in Amerika weder eine Straße noch in ihr wohnende Menschen, die einen zu dieser Entdeckung des Selbst hinführen könnten. Ich bin über die Straßen vieler Länder gewandert, aber nirgendwo habe ich mich so gedemütigt und erniedrigt gefühlt wie in Amerika. Ich denke an all die Straßen Amerikas, die zusammen eine riesige Senkgrube bilden, eine Senkgrube des Geistes, von der alles verschlungen und weg geschwemmt wird zur ewigen Scheiße. Über dieser Senkgrube schwingt der Geist der Arbeit seinen Zauberstab: Paläste und Fabriken schießen nebeneinander in die Höhe und Munitionsfabriken und chemische Werke und Stahlwerke und Sanatorien und Gefängnisse und Irrenhäuser. Der ganze Kontinent ist ein einziger Albtraum, der das größte Elend für die größte Zahl produziert. Ich war auch eine Zahl, eine Nummer mitten im größten Rummel von Reichtum und Glück (statistischem Reichtum, statistischem Glück), doch nie begegnete ich einem Menschen, der wirklich reich oder wirklich glücklich gewesen wäre.“ (Wendekreis des Steinbocks, 1964, S. 11f.)
Jeder, der durch zu große Liebe, die doch widernatürlich ist, an seinem Unglück stirbt, wird wieder geboren, um weder Liebe zu kennen noch Hass, sondern um zu genießen. Und diese Lebensfreude ist, da sie auf unnatürliche Art erworben wurde, ein Gift, das schließlich die ganze Welt verdirbt. Alles, was jenseits der normalen Grenzen menschlichen Leidens geschaffen wird, wirkt als Bumerang und bringt Zerstörung mit sich. Nachts spiegeln die Straßen von New York die Kreuzigung und den Tod Christi wieder. Wenn Schnee liegt und äußerste Stille herrscht, dringt aus den scheußlichen Bauten New Yorks eine Musik von so dumpfer Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, dass man eine Gänsehaut kriegen kann. Kein Stein wurde mit Liebe oder Achtung auf den anderen gelegt; keine dieser Straßen für Tanz oder Freude gebaut. Eines wurde ans andere gefügt in einem wilden Drang, sich den Bauch voll zuschlagen, und die Straßen riechen nach leeren Bäuchen und halb vollen Bäuchen. Die Straßen riechen nach einem Hunger, der nichts mit Liebe zu tun hat; sie riechen nach einem Bauch, der unersättlich ist, und nach den Schöpfungen des leeren Bauches, die null und nichtig sind. (S. 63f.)
Henry Miller zieht, wie jeder individuierte Träumer - auch in Amerika - für eine entscheidende Zeit seiner Heimat die Fremde vor, um sich seiner eignen Menschenkontur versichern zu lernen. Mir ist er mit seinem den - Uranus –in- sich – schöpfen lassen, und zugleich ihn, „den Fremden“, in der Welt aufsuchen, wo ihm fremde Landschaften zu Seelenlandschaften werden - Henry Miller im Paris der dreißiger Jahre, Henry Miller 1939 in Griechenland … mir ist er einer meiner Troststerne, ein wirklicher Vater der der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts voran ging:
Der Tag begann in tiefstem Frieden. Es war mein erster wirklicher Blick auf den Peloponnes. Es war aber nicht ein Blick, sondern eine Aussicht auf eine stille Welt, eine Welt, wie sie dem Menschen eines Tages beschieden wird, wenn er aufhört, Mord und Diebstahl zu frönen… die Landschaft weist nicht zurück, sie nistet sich ein in die offenen Kammern des Herzens, sie erfüllt sie, wächst, verdrängt alles andere. Man schreitet nicht länger durch etwas – nenne es Natur, wenn du willst -, sondern nimmt teil an einer Niederlage, an der Niederlage der Mächte wie Gier, Bosheit, Neid, Selbstsucht, Hass, Unduldsamkeit, Stolz, Anmaßung, Gerissenheit, Zweideutigkeit und so weiter.Gespeichert: UTC 18:10, gepostet: 19:57, 4.2. UTC 19:09
Es ist früher Morgen, am ersten Tag des großen Friedens, des Friedens des Herzens, der durch Entsagung entsteht. Ehe ich nach Epidauros kam, wusste ich nicht, was Friede ist. Wie jeder Mensch hatte ich mein ganzes Leben lang dieses Wort gebraucht, ohne je zu erkennen, dass ich eine Fälschung beging. Friede ist ebenso wenig das Gegenteil von Krieg, wie Tod das Gegenteil von Leben ist. Die Armut der Sprache, das heißt die Armut der menschlichen Vorstellungskraft oder die Armut unseres Innenlebens hat eine Doppelsinnigkeit geschaffen, die absolut unwahr ist. Ich spreche natürlich von dem Frieden, der höher ist denn alle Vernunft. Es gibt keinen anderen. Der Friede, den die meisten von uns kennen, ist nichts als eine Einstellung der Feindseligkeiten, ein Waffenstillstand, ein Interregnum, eine Windstille, eine Atempause; all das ist negativ. Der Friede des Herzens ist positiv und unbesiegbar, er stellt keine Bedingungen, er benötigt keinen Schutz. Er ist. Wenn das ein Sieg ist, ist es ein eigenartiger Sieg, denn er beruht völlig auf einem freiwilligen Verzicht. Ich sehe nichts Geheimnisvolles in der Art der Kuren, die in diesem großen therapeutischen Zentrum der antiken Welt vollbracht wurden. Hier wurde der Arzt selbst geheilt, es war der erste und wichtigste Schritt in der Entwicklung der Kunst. die nicht medizinisch, sondern religiös ist. Und der Patient wurde geheilt, bevor er überhaupt eine Kur durchmachte. Große Ärzte haben stets die Natur als den besten Arzt bezeichnet. Das ist aber nur zum Teil wahr. Allein kann die Natur nichts tun. Die Natur vermag nur zu heilen, wenn der Mensch seinen Platz in der Welt erkennt, der nicht in der Natur ist wie beim Tier, sondern im Bereich des Menschen, dem Bindeglied zwischen der Natur und der Gottheit.
Den Untermenschen unseres glorreichen wissenschaftlichen Zeitalters wird die Verbindung des Rituellen und des Religiösen mit der Heilkunst, wie sie in Epidauros ausgeübt wurde, als reiner Humbug vorkommen. In unserer Zeit führt der Blinde den Blinden, und der Kranke geht zum Kranken, um sich heilen zu lassen. Wir machen ständig Fortschritte, doch sind es Fortschritte, die zum Operationstisch führen, zum Armenhaus, in die Irrenanstalt, in den Schützengraben. Wir haben keine Ärzte – wir haben nur Metzger, deren Wissen von Anatomie sie zu einem Diplom berechtigt, das sie wiederum dazu berechtigt, unsere Gebrechen herauszuschneiden oder abzuschneiden, so dass wir uns als eine Art Krüppel bewegen, bis wir für das Schlachthaus reif sind. Wir verkünden die Entdeckung dieser oder jener Kur, erwähnen aber nicht die neuen Krankheiten die wir dabei geschaffen haben. Die Ärzte arbeiten ähnlich wie die Kriegsministerien – ihre Siegesberichte sind Betäubungsmittel, um Tod und Katastrophen zu verschleiern. Mediziner sind hilflos wie Feldherren, sie führen von Anfang an einen hoffnungslosen Kampf.
Was der Mensch will, ist Frieden, um leben zu können. Unsern Nachbarn zu besiegen, verleiht ebenso wenig Frieden wie die Behandlung des Krebses Heilung bring. Der Mensch beginnt nicht zu leben, indem er über seinen Feind triumphiert, ebenso wenig erlangt er mit endlosen Kuren Gesundheit. Lebensfreude entsteht durch Frieden, der nicht statisch, sondern dynamisch ist. Kein Mensch kann, ehe er den Frieden erlebt hat, behaupten, er wisse wirklich, was Freude ist. Und ohne Freude gibt es kein Leben, selbst wenn man ein Dutzend Automobile, sechs Butler, ein Schloss, eine Privatkapelle und einen bombensicheren Unterstand besitzt. Wir kranken an unseren Bindungen, seien es Gewohnheiten, Ideologien, Ideale, Prinzipien, Besitztümer, Manien, Götter, Kulte, Religionen und so weiter. Hohe Löhne können ebenso schädlich sein wie niedere Löhne; Muße kann ebenso schlimm sein wie Arbeit. alles, woran wir uns klammern, selbst Hoffnung oder Glaube, kann die Krankheit sein, die uns zur Strecke bringt. Verzicht, Selbsthingabe ist etwas Absolutes: wenn man sich nur an den winzigen Krümel klammert, nährt man den Keim, der einen verschlingt. Und was das sich an Gott anklammern betrifft, so hat uns Gott schon lange verlassen, damit wir erkennen mögen, welche Freude es bedeutet, die Gottheit durch die eigenen Bemühungen zu erlangen. Was soll alles dies Winseln im Dunkeln, dieses ständige, klägliche Flehen um Frieden, das mit dem zunehmenden Jammer und Elend immer stärker wird? Friede – glauben die Menschen wirklich, dass Friede etwas sei, das man aufzustapeln vermag wie Mais und Weizen? Etwas, auf das man sich stürzt und das man verschlingen kann, wie Wölfe es tun, die sich um einen Kadaver balgen? Wenn Leute über den Frieden sprechen, erlebe ich häufig, dass sich ihre Gesichter vor Wut und Hass oder Verachtung und Geringschätzung oder Stolz und Arroganz verzerren. Andere Menschen wollen kämpfen, um den Frieden zu erringen – verblendete Geschöpfe. Es wird keinen Frieden geben, ehe nicht aus Herz und Gemüt jeder Gedanke an Mord ausgemerzt ist. Mord ist die Spitze der breiten Pyramide, deren Basis der Egoismus ist. Das was steht, muss fallen. Alles das, wofür der Mensch gekämpft hat, muss aufgegeben werden, ehe er beginnen kann, als wahrer Mensch zu leben. Bis jetzt ist er ein krankes Tier gewesen, und selbst seine Göttlichkeit stinkt. Er ist nicht der Herr vieler Welten, und in seiner eigenen ist er ein Sklave. Die Welt wird vom Herzen, nicht vom Hirn regiert. Es gibt keinen Bereich, dem unsere Eroberungen nicht den Tod bringen. Wir haben dem Reich der Freiheit den Rücken gekehrt. In Epidauros, in der Stille, in dem tiefen Frieden, der über mich kam, hörte ich das Herz der Welt schlagen. Ich weiß, wo das Heil liegt: entsagen muss man, verzichten muss man, sich aufopfern, auf dass unsere kleinen Herzen im Gleichklang mit dem großen Herzen der Welt schlagen…
Allenthalben führt der Psychoanalytiker einen hoffnungslosen Kampf. Für jeden Menschen, den er dem Leben geheilt wieder zuführt, „anpasst“, wie sie es nennen, gibt es ein Dutzend Ungeheilter. Es wird nie genügend Psychoanalytiker geben, Ganz gleich, wie rasch wir sie produzieren. Ein kurzer Krieg genügt, um das Werk von Jahrhunderten zu vernichten. Die Chirurgie wird natürlich weitere Fortschritte machen, aber es fällt schwer, zu erkennen, wozu das gut sein soll. Wir müssen unsere ganze Lebensart ändern. Wir brauchen keine besseren chirurgischen Instrumente, wir brauchen ein besseres Leben. Wenn alle Chirurgen, alle Psychoanalytiker, alle Ärzte von ihrer Tätigkeit weggeholt werden könnten und sich für eine Weile im Amphitheater in Epidauros versammelten, wenn sie in Ruhe und Frieden die dringenden Bedürfnisse der Menschheit eingehend erörtern könnten, würde die Antwort sehr rasch erfolgen, sie würde einstimmig lauten: REVOLUTION – eine Weltrevolution von oben bis unten, in allen Ländern, allen Klassen, in jeder Schicht des Bewusstseins. Der Kampf gilt nicht der Krankheit, Krankheit ist ein Nebenprodukt. Der Feind des Menschen sind nicht die Bazillen, sondern der Mensch selbst, seine Eitelkeit, seine Vorurteile, seine Dummheit, seine Arroganz. Keine Klasse ist immun, kein System bietet ein Allheilmittel. Jeder Einzelne müsste sich gegen eine Lebensart auflehnen, die nicht die seine ist. Diese Revolution müsste ununterbrochen und unnachgiebig geführt werden, um wirksam zu sein. Es genügt nicht, Regierungen, Herrscher, Tyrannen zu stürzen, man muß seine eigenen voreingenommenen Ideen von Recht und Unrecht, gut und böse, gerecht und ungerecht über Bord werfen. Wir müssen die hart umkämpften Schützengräben, in die wir uns eingegraben haben, verlassen und hinaus ins Freie stürmen, unsere Waffen übergeben, unsere Besitztümer, unsere Rechte als Individuen, als Klasse, als Nation, als Volk. Eine Milliarde Menschen, die Frieden anstreben, können nicht versklavt werden. Wir haben uns selbst versklavt durch unsere kleinliche, beschränkte Lebensanschauung. Es ist zwar rühmlich, sein Leben für ein Ideal hinzugeben, aber tote Menschen vermögen nichts zu vollbringen. Das Leben heischt, dass man ihm mehr darbietet – Geist, Seele, Intelligenz, guten Willen. Die Natur ist stets bereit, die durch Tod geschaffenen Lücken zu füllen, aber die Natur vermag nicht die Intelligenz, den Willen, die Phantasie zu liefern, um die Macht des Todes zu besiegen. Die Natur ersetzt und erneuert, das ist alles. Es ist die Aufgabe des Menschen, den Mordinstinkt auszurotten, der in seinen Verflechtungen und Äußerungen grenzenlos ist. Es ist nutzlos, Gott anzurufen, so wie es zwecklos ist, Gewalt mit Gewalt zu beantworten. Jede Schlacht ist ein in Blut und Qual ersonnener Bund, jeder Krieg ist eine Niederlage des menschlichen Geistes. Der Krieg ist nichts als eine große Manifestation im dramatischen Stil der betrügerischen lächerlichen Streitigkeiten, die sich täglich und überall abspielen, sogar in den so genannten Friedenszeiten. Jeder Mensch trägt sein Teilchen dazu bei, die Metzelei im Gange zu halten, selbst jene Menschen, die abseits zu stehen scheinen. Wir alle sind hinein verwickelt, wir alle nehmen daran teil, nolens volens. Die Erde ist unsere Schöpfung, und wir müssen die Früchte unserer Schöpfung hinnehmen. Solange wir uns weigern, in Ausdrücken wie Weltgüte und Weltgüter, Weltordnung und Weltfriede zu denken, werden wir einander verraten und morden. Das kann weitergehen bis zum jüngsten Gericht, wenn wir es so wollen. Nur unser eigener Wunsch kann uns eine neuere und bessere Welt bescheren. Der Mensch tötet aus Furcht, und die Furcht ist eine Hydra. Fangen wir erst an zu morden, gibt es kein ende, eine Ewigkeit würde nicht genügen, die Dämonen zu besiegen, die uns quälen. Wer war es, der die Dämonen einführte? das ist eine Frage, die sich jeder selbst stellen muss. Jeder von uns erforsche sein Gewissen. Weder Gott noch der Teufel sind dafür verantwortlich, und bestimmt nicht so kümmerliche Ungeheuer wie Hitler, Mussolini, Stalin und Kumpane, und auch bestimmt nicht solche Schreckgespenster wie Katholizismus, Kapitalismus, Kommunismus. Wer hat die Dämonen in unser Herz versenkt um uns zu quälen? Eine treffende Frage, und wenn der einzige Weg, die Antwort zu finden, der ist, nach Epidauros zu gehen, dann fordere ich euch alle, einen wie den anderen, dringend auf, alles hinzuwerfen und dorthin zu gehen – sofort! …
Das Bild Griechenlands, so verblasst es auch sein mag, besteht noch immer als Archetypus des vom menschlichen Geist bewirkten Wunders. Ein ganzes Volk stieg, wie es die Spuren seiner Leistungen bezeugen, zu einem Gipfelpunkt empor, der weder vorher noch seither je wieder erreicht wurde. Es war ein Wunder, es ist es noch immer. Die Aufgabe des Genies (und der Mensch ist nichts, wenn er kein Genie ist) besteht darin, das Wunder lebendig zu halten, stets in dem Wunder zu leben, das Wunder immer wunderbarer zu gestalten, nichts und niemandem Treue zu geloben, sondern nur wundervoll zu leben, wundervoll zu denken, wundervoll zu sterben. es macht wenig aus, wie viel der Vernichtung anheim fällt, wenn nur der Keim des Wunderbaren bewahrt und genährt wird. In Epidauros steht man den unfassbaren Zeugnissen des wunderbaren Aufschwungs menschlichen Geistes gegenüber und wird von ihnen durchdrungen. Man wird davon benetzt, wie von den Spritzern einer mächtigen Woge, die sich schließlich am fernen Ufer bricht. Heutzutage konzentriert sich unsere Aufmerksamkeit auf die unerschöpflichen Reichtümer des physischen Weltalls; wir müssen alle unsere Gedanken auf diese unerschütterliche Tatsache richten, denn nie zuvor hat der Mensch in einem solchen Maße wie heute geplündert und verwüstet. Deshalb neigen wir dazu, zu vergessen, dass es im Reiche des Geistes ebenfalls eine Unerschöpflichkeit gibt, dass in jenem Reich niemals ein Gewinnst verloren geht. In Epidauros wird diese Tatsache zur Gewissheit. Die Welt mag sich biegen und brechen vor Bosheit und Hass, doch hier, ganz gleich, was für einen Orkan wir mit unseren bösen Leidenschaften entfesseln, hier erstreckt sich ein Gebiet des Friedens und der Ruhe, die reine, geläuterte Erbschaft einer Vergangenheit, die nicht völlig verloren ist.
(Miller, Koloss von Maroussi, S, 76 – 84)
In jeder Hinsicht zeigte sich mir Griechenland als der wahre Mittelpunkt des Weltalls, als der ideale Treffpunkt von Mensch zu Mensch in Gegenwart Gottes…Griechenland hatte aus mir einen freien, einen ganzen Menschen gemacht. Ich war bereit, dem Drachen zu begegnen und ihn zu töten, denn in meinem Herzen hatte ich ihn schon getötet. Ich ging umher wie auf Samt, huldigte und dankte schweigend der kleinen Gruppe von Freunden, die ich in Griechenland gewonnen hatte. Ich liebe diese Menschen, alle und jeden, weil sie mir die wahren Dimensionen des Menschen enthüllt haben. Ich liebe den Boden, auf dem sie wuchsen, den Baum, dem sie entsproßten, das Licht, in welchem sie blühten, die Güte, die Redlichkeit, die Hilfsbereitschaft, die sie ausströmten. Sie brachten mich von Angesicht zu Angesicht mit mir selbst, sie reinigten mich von Hass und Eifersucht und Neid. Und nicht das Unwichtigste: sie zeigten mir durch ihr Beispiel, dass das Leben in jedem Maßstab, in jedem Klima, unter jeder Bedingung großartig gelebt werden kann. Allen, die glauben, das heutige Griechenland habe keine Bedeutung, möchte ich sagen, dass es keinen größeren Irrtum gibt. Heute wie ehedem ist Griechenland von größter Bedeutung für jeden Menschen, der sich selbst zu finden sucht, Meine Erfahrung ist nicht einzigartig, und ich möchte noch hinzufügen, dass kein Volk der Erde das, was Griechenland zu bieten hat, so dringend benötigt wie das amerikanische Volk. Griechenland ist nicht nur die Antithese Amerikas, sondern viel mehr, es ist die Erlösung von all den Übeln, die uns plagen. Wirtschaftlich mag es unbedeutend sein, aber geistig ist Griechenland noch immer die Mutter aller Völker, die Quelle der Weisheit und der Erleuchtung. Koloss, S. 198
Der stärkste Eindruck, den mir Griechenland hinterließ, ist wohl der, dass es eine Welt von menschlichem Format ist. Frankreich vermittelt ebenfalls diesen Eindruck, aber das ist etwas anderes; etwas tiefgehend anderes. Griechenland ist die Heimat der Götter; sie mögen gestorben sein, aber ihre Anwesenheit macht sich immer noch bemerkbar. Die Götter hatten menschliche Formen, wurden aus dem menschlichen Geist geschaffen. In Frankreich ist, wie überall im Abendland, dieses Band zwischen dem Menschlichen und dem Göttlichen gerissen. Die Skepsis und die Lähmung, die durch diese Spaltung in der Natur des Menschen entstand, erklären die unabwendbare Vernichtung unserer gegenwärtigen Kultur. Wenn die Menschen aufhören zu glauben, dass sie eines Tages Götter werden, bleiben sie für immer Würmer. Es ist viel über eine neue Lebensordnung geredet worden, die auf dem amerikanischen Kontinent entstehen soll. Man muss sich aber darüber im klaren sein, dass vorerst noch nicht einmal ein Anfang davon zu sehen ist. Die gegenwärtige Lebensweise Amerikas ist ebenso zum Untergang verdammt, wie die Europas. Kein Volk auf Erden vermag eine neue Lebensordnung zu schaffen, wenn diese nicht vom Gesichtspunkt des Universums aus entsteht. Wir haben durch bittere Irrtümer gelernt, dass alle Völker der Erde lebenswichtig miteinander verbunden sind, aber wir haben von dieser Erkenntnis keinen vernünftigen Gebrauch gemacht. Wir haben zwei Weltkriege erlebt, und wir werden zweifellos einen dritten und einen vierten, wahrscheinlich noch mehrere erleben. Es kann kann keine Hoffnung auf Frieden geben, wenn nicht die alte Ordnung vernichtet wird. Die Welt muss wieder klein werden, wie die alte griechische Welt – so klein, dass sie Jedermann umfasst. Wenn nicht alle Menschen bis zum letzten dazu gehören, wird es keine richtige menschliche Gesellschaft geben. Mein Verstand sagt mir, dass es lange dauern wird, bis dieser Zustand erreicht wird, aber mein Verstand sagt mir auch, dass nichts anderes den Menschen je zufrieden stellen kann. Solange der Mensch nicht voll und ganz Mensch geworden ist, solange er nicht lernt, sich wie ein Erdwesen zu benehmen, wird er weiterhin Götter schaffen, die ihn vernichten. (Miller, Koloss, S. 222)
Neubearbeitung 27.1.2012, gepostet: UTC 18:55
"Den Uranus in sich schöpfen..."
AntwortenLöschenDanke diesbezüglich für den Hinweis auf Henry Miller. Den 'Wendekreis' hab ich hier, den 'Koloss' werde ich mir besorgen.
Gerne Ulla,
AntwortenLöschenin der Biblio gibt's übrigens das lesenswerte kleine Bändchen : "Briefe an meine Freunde".
Schönen Sonntag
MM
Ulla,
AntwortenLöschenKorrektur: das Bändchen heißt:
REISE IN EIN ALTES LAND. SKIZZEN FUR MEINE FREUNDE
geht auch hier um Griechenland.
Dieter